In dieser Serie von Blogeinträgen werde ich in den kommenden Wochen die Relevanz kultur- und sozialanthropologischer Zugänge in der Untersuchung digitaler Technik und Technologien, dargestellt anhand wissenschaftstheoretischer Aspekte in der Entwicklung der Forschungsfelder der “Cyberanthropologie” und der “Digitalen Anthropologie”, verdeutlichen. Kommentare und/oder Anmerkungen sind dezidiert erwünscht.
Die einzelnen Blogeinträge bauen, leicht verändert, auf einen Text, der 2019 im Sammelband Ritualisierung – Meditatisierung – Performance publiziert wurde:
Budka, P. (2019). Von der Cyber Anthropologie zur Digitalen Anthropologie. Über die Rolle der Kultur- und Sozialanthropologie im Verstehen soziotechnischer Lebenswelten. In M. Luger, F. Graf & P. Budka (Eds.), Ritualisierung – Mediatisierung – Performance (pp. 163-188). Göttingen: V&R Unipress/Vienna University Press. https://doi.org/10.14220/9783737005142.163
Digitale Technik und Technologien haben das Menschsein verändert, und Menschen gestalten und verändern laufend Technik und Technologien. Diese Serie von Blogeinträgen zeigt, wie die Kultur- und Sozialanthropologie, als Wissenschaft vom sozialen und kulturellen Menschen, den wissenschaftstheoretischen Zugang sowie die Methodenwahl mitgestaltet, um diese komplexe Beziehung zu erfassen, zu beschreiben und letztlich zu verstehen. Dabei wird auch sie von Entwicklungs- und Veränderungsprozessen geprägt, die als soziotechnisch – im Sinne der engen Verknüpfung zwischen dem Sozialen und dem Technischen, zwischen Gesellschaft, Technik und Technologie – bezeichnet werden können.
So ist die Kultur- und Sozialanthropologie längst nicht mehr nur die Wissenschaft von “einfachen außereuropäischen Kulturen”.1 Seit Jahrzehnten forschen ihre VertreterInnen, zumeist vergleichend, zu komplexen Phänomenen, Prozessen und Veränderungen in unterschiedlichsten menschlichen Gesellschaften. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten AnthropologInnen begannen, sich mit technischen Entwicklungen und wissenschaftlichen Praktiken in Europa und den USA auseinander zu setzen (z. B. Fischer 1999, 2007; Pfaffenberger 1988b, 1992).
So kamen schrittweise digitale Informations-, Kommunikations- und Medientechnologien und mit diesen verbundene Prozesse und Praktiken in den Fokus anthropologischer Forschung: von der allgemeinen kulturellen und gesellschaftlichen Bedeutung digitaler Technologieentwicklung und deren Relevanz für das Menschsein und die Disziplin der Anthropologie (z. B. Dourish/Bell 2011; Escobar 1994; Hakken 1999; Houtman/Zeitlyn 1996; Miller 2018; Miller/Horst 2012; Uimonen 2015; Whitehead/Wesch 2012a) bis hin zur Untersuchung von spezifischen Zusammenhängen zwischen digitalen Technologien und soziokulturellen Phänomenen, wie Konflikt (Bräuchler 2005) und Ethnizität (Zurawski 2000) im Internet, Veränderungen der Arbeitswelt (Kjaerulff 2010) und menschlicher Kommunikationsweisen (Schröder/Voell 2002) oder die kulturelle Bedeutung Freier Software (Kelty 2008).
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